29.03.2018

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Robotik

Trendbeobachtung: Roboter und zunehmende Automatisierung

Trendbeobachter Michael Haas berichtet darüber, wie Roboter unseren Alltag verändern.


Herr oder Diener? Wie Roboter unseren Alltag verändern.

Stellen Sie sich vor, Sie besuchen gerade Ihre Branchen-Leitmesse und es meldet sich Ihr Magen. Am Essensstand schaut Ihnen ein freundliches Gesicht entgegen: „Guten Tag, Herr / Frau XY. Sie sehen müde und hungrig aus. Darf ich Ihnen eine Bratwurst und Ihr Lieblingsgetränk servieren?“ Sie bestellen. „Danke, Herr / Frau XY, den Betrag haben wir bereits von Ihrem Konto abgebucht.“ Im Nu erhalten Sie im Ausgabebereich eine frisch gegrillte Bratwurst und ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk. In dieser Situation agiert nur ein Homo Sapiens, und zwar Sie! Wie bitte? Doch, Sie haben richtig gelesen: Das nette „Gesicht“ der „Bedienung“ gehörte zu SociBot, einem Roboter für Kundeninteraktion, der neben dem Empfang von Befehlen auch Stimmungen seines Gegenübers erkennen kann.

Angeschlossen z. B. an Facebook (als Ergebnislieferant der Gesichtserkennung) und per Google Handsfree Payment für die Bezahlung läuft dann das Kundenerlebnis wie von selbst. Da war doch noch was? Genau, die Wurst. Die wurde auf Anweisung vom SociBot in der Zwischenzeit vom FZI Grillroboter zubereitet. Guten Appetit! Willkommen im… ja, in diesem Jahrzehnt. Natürlich, dieses Beispiel ist reine Fiktion – noch. Im Grunde sind solche Dinge bereits heute möglich und teilweise Realität, z. B. Roboter, die das Wohnzimmer saugen oder den Rasen mähen.

Verschmelzung von analog und digital

Aktuell treffen starke Trendfelder aufeinander: Immer höher entwickelte und interaktive Steuerungen verschmelzen mit innovativen Antrieben. Das Zusammenspiel ermöglicht neue Fertigungstechniken, Produkte und Dienstleistungen, die bis vor kurzem noch unmöglich schienen. Datenströme werden in jeglichem Prozess in Wirtschaft und Privatleben erfasst, gespeichert, verarbeitet und an Stellen genutzt, die mit ihrer Entstehung eigentlich gar nichts mehr zu tun haben.

Getrieben wird das Ganze in erster Linie vom Drang nach Optimierung – oder anders gesagt, vom Drang zu überleben! Im Geschäftsleben bezieht sich dieser in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit und Profit, im Privaten sind es meist Komfort oder die Verfügbarkeit von Zeit, wenn man vom Selbstdarstellungstrieb einmal absehen möchte. Und so hat sich – quasi durch die Hintertür – ein wachsendes Vertrauen in die Robotik in unseren Alltag geschlichen.

Maschinen bekommen wahrhaftig Kosenamen und nicht selten einen Mitarbeiterausweis. Verschiedene Studien verdichten verlässlich, dass Arbeiter in kollaborativen Arbeitsumgebungen dem maschinellen Kollegen oder Vorgesetzten mehr vertrauen als dem humanen Pendant. Gleichermaßen wird dem Roboter zugemessen, keine Fehler mehr zu machen. So bestellt das automatische Warenwirtschaftssystem von Bossard eben genau dann so viele Kleinteile automatisch nach, wie gebraucht werden. Zählfehler: Keine. Überhöhte Lagerbestände: Auch keine. Allerdings wurden die Roboter von Menschen gemacht. Algorithmen entstehen nicht von selbst, sondern sie werden programmiert – und das macht auch den Code irgendwie menschlich. Doch selbst dabei ist noch nicht Schluss.

Künstliche Intelligenz

Selbstlernende Systeme ermöglichen es, abseits menschlicher Eingriffe (oder Fehler) Steuerbefehle zu erteilen und Ergebnisse zu produzieren, die ein Vielfaches an menschlichem Schweiß und Gehirnschmalz erfordert hätten. Wir stehen am Anfang einer neuen Ära – und wie immer an dieser Stelle gibt es für alle – Entwickler, Hersteller, Nutzer, Stellen für Normierung und Regulierung – noch sehr viel Potenzial (oder gar Pflicht?!) mitzugestalten. An Aufmerksamkeit mangelt es nicht, beispielsweise werden mittlerweile zahlreiche Investment-Fondsprodukte mit dem Schwerpunkt Robotik angeboten. Investition 4.0, wenn Sie so wollen – für jedermann, auch gerne ab 50 Euro Mindesteinlage. Und vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis Computer ihre Fonds selbst auflegen? Robo-Advisor sind jedenfalls in den Finanzzentren schon wohlgehegte Nachbarn… auch wenn diese sich dann optisch massiv von „Industrie 4.0“-Maßnahmen unterscheiden – aus der Helikopter-Perspektive ist der Unterschied jedoch gar nicht so mächtig. Wer mitgestalten möchte, der muss investieren. Hierfür braucht es Risikobereitschaft!

In anderen Regionen unserer Erde werden für mutige Ideen große Mengen an Geld bereitgestellt. Diese Bereitschaft ist essenziell, und so kommt es nicht von ungefähr, dass eigentlich recht traditionelle Unternehmen wie Trumpf oder Klöckner Wagniskapitalgesellschaften gründen und mittels Start-up-Modellen viel Geld in die Hand nehmen. Es braucht einen „geschützten Raum“, um disruptive Geschäftsmodelle zum Leben zu erwecken. Ja, es sind Einzelpersonen, die verrückt sind – diese sind schützenswert! Gleichzeitig verschieben sich auch auf einer anderen Ebene die Dominanzmuster. Während früher in einer Produktion beispielsweise 1.000 Mitarbeiter und 50 Roboter im Einsatz waren, wird für die Zukunft das umgekehrte Verhältnis angestrebt – in Amazons Warenlager genauso wie in der Smartphone-Herstellung bei Foxconn. Letzterer mutiert übrigens zum wohl größten Roboterhersteller der Welt – trotz oder wegen der rund 1,3 Millionen Mitarbeiter ist schwer zu sagen…

Roboter als Konkurrenz für Menschen?

Klingt wie ein Horrorszenario? Nun, das könnte man so sehen – es ist jedenfalls nichts weniger als eine Revolution unserer Arbeitswelt. Das hieß es zwar vor 20 Jahren auch schon, doch sind heute die Maschinen eben in der Lage, zu sehen, miteinander zu sprechen, zu verstehen und auch noch zu „denken“. Wenn SAM, der Mauer-Roboter, Stein auf Stein setzt und anschließend der Lochbohr-Roboter von nlink im 3-Schicht-Betrieb durchfährt und an den richtigen Stellen die Dübel setzt, dann wird klar: Mit der schweren, gefährlichen und fehleranfälligen Arbeit verschwinden auch die entsprechenden Arbeitsplätze. So waren laut der American Trucking Association im Jahr 2010 etwa drei Millionen Lkw-Fahrer und 6,8 Millionen in deren Umfeld beschäftigt – alleine in den USA.

Ja, so wird das selbstfahrende Auto oder der entsprechende Lkw schlussendlich zu einer sozialen Diskussion! So wird aus einer schlichten Anbindung an Watson, dem Computerprogramm aus dem Hause IBM, sehr schnell mehr als nur ein „Zugang“ zu einem Supercomputer. An diesem Punkt treffen der Mensch und die Maschine in einem ganz anderen Kontext aufeinander. Viele „normale“ Tätigkeiten und Berufe werden aussterben oder sich stark verändern. Das ist nicht schlimm, solange es hierfür eine Strategie gibt – eine, die die Mehrheit des Unternehmens mittragen kann. Das können Qualifizierungsmaßnahmen sein – weg vom Routinearbeiter hin zum selbständig denkenden und handelnden Mitarbeiter.

Nicht zu vergessen der Umbau von Arbeitsplätzen oder eine neue Organisation der Arbeit – und hier darf man sich gern auch bereits existierenden Hilfen bedienen. KapaflexCy des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation ist solch ein Paradebeispiel. Mittels einer Smartphone-App (dem sogenannten Schicht-Doodle) organisieren die Mitarbeiter im Betrieb ihre Schichteinsätze entsprechend der anfallenden Arbeit selbständig durch selbstorganisierende Kapazitätssteuerung. Hier werden übrigens Daten genutzt, und zwar nicht zu knapp – und doch wurde das System im Testbetrieb bei BorgWarner in Ludwigsburg positiv wahrgenommen, denn es bietet allen Beteiligten eine Menge Vorteile. Und genau darauf kommt es an: Datennutzung wird zur Schicksalsfrage.

Keine Angst vor der digitalen Zukunft

Diejenigen, die es schaffen, Nutzungs- und Geschäftsmodelle zu etablieren, die neben dem Kernnutzen für alle Beteiligten ein sicheres Gefühl bieten, werden dem Wettbewerb voraus sein. Und gerade beim Thema Datensicherheit haben wir in Deutschland gute Chancen. Wir müssen sie aber auch nutzen! Damit das gelingt, ist jeder aufgefordert, sich Neuem auszusetzen. Zu testen, zu probieren, los zu laufen! Was braucht es also? Eine optimistische Datenkultur – keine digitale Phobie! Den Anspruch, Wettbewerber vor sich herzutreiben und nicht nur aufzuschließen. Und es braucht definitiv Führungskräfte wie Mitarbeiter, die „Industrie 4.0“ nicht nur als ausgelutschte Begriffe abtun, sondern „Industrie 4.0“ erkunden. Ja, es wird anstrengend – keine Frage. Es wird aber auch unfassbar, unfassbar! Die Möglichkeiten sind endlos und die Abzweigungen vielfältig…

Bild: Fraunhofer IPA

Der Roboter wird menschlicher

Die gute Nachricht: Megatrends kommen nicht über Nacht. Doch tatsächlich stehen wir mitten drin und Roboter sehen nicht mehr aus wie Roboter, sie sind sexy und nicht selten virtuell unter uns. Maschinen werden menschlicher und in Zukunft kaum noch klar trennbar. Und ja, der Mensch wird maschinenähnlicher – zumindest wenn er sich diesen Fragen nicht stellt. Es wird keinen Durchschnitt mehr geben! Entweder ich werde von Robotern aller Art entlastet und meine Aufgabe bietet unendliche Entfaltungsmöglichkeiten oder aber ich stehe in Konkurrenz mit deren Taktung. Deshalb ist es nicht völlig aus der Welt, sich selbst diesen Möglichkeiten zu stellen! Warum nicht ganz persönlich etwas roboterähnlicher werden – die Anforderungen steigen ja offensichtlich?

Die ersten Upgrades für den Menschen sind bereits verfügbar. Vom Chip unter der Haut zum Türöffnen und Identifizieren über computergesteuerte Exoskelette zur Unterstützung bei der Arbeit oder bei gesundheitlichen Einschränkungen. Oder – wenngleich noch Zukunftsmusik – zur Verbesserung der eigenen Leistungsfähigkeit. Vielleicht sitzen Sie schon morgen in einem Theaterstück, in dem ein Roboter mitspielt, der Barkeeper in Ihrer Kneipe lebt von Servomotoren oder Sie sprechen mit der Hotline Ihres Versicherers und fragen: „Hey, sind Sie ein Roboter?“ Auch wenn die Antwort „Nein“ lautet: Die Maschinen werden menschlicher – und die Menschen? Die haben aller Technik eines voraus: Die Fähigkeit zu denken. Nehmen wir uns also Zeit dafür und nutzen sie.

Über Matthias Haas

Matthias Haas ist nicht nur Betriebswirt und Vortragsredner, sondern beispielsweise auch Mitglied im Cyborg e.V., denn er möchte verstehen und nicht überrascht werden. Er vertritt die Meinung, dass die großen Veränderungen nicht über Nacht kommen. Es dauert zehn, 20, manchmal 25 Jahre, bis Trends derartig relevant werden, dass sie unsere Arbeitswelt verändern. Genau zu beobachten ist oberstes Gebot – und die Quintessenz daraus liefert Haas mit seinem Team – individualisiert und zielgenau. Als Pragmatiker arbeitet er im Hier und Jetzt und beliefert Veranstaltungen jeder Art und Größe. Zusätzlich bietet er Transfer-Workshops an – denn die Kraft muss bekanntlich auf die Straße!

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