11.09.2025

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Gerhard Schubert GmbH

Service neu definiert: Digital, strategisch, vorausschauend

Hohe Energiepreise, Kreislaufwirtschaft und fehlender Nachwuchs setzen die Verpackungsindustrie zunehmend unter Zugzwang. Digitalisierung und KI treiben den Umbruch zusätzlich voran – mit viel Potenzial, aber auch mit neuen Fragen. Im Interview spricht Uwe Galm, Prokurist und Serviceleiter bei Schubert, über aktuelle Kundenanforderungen, die Folgen des Fachkräftemangels und wie innovative Servicekonzepte helfen können, Produktionsprozesse zukunftsfest aufzustellen.

Herr Galm, der Servicebereich bei Schubert wurde zuletzt deutlich ausgebaut. Was hat sich verändert – und was sind die Gründe dafür?

Uwe Galm: Wir sehen bei unseren Kunden einen strukturellen Wandel. In den letzten Jahren werden klassische Serviceangebote wie Wartung und Inspektion wieder stärker nachgefragt – allerdings aus ganz anderen Gründen als früher. Viele Kunden können diese Aufgaben schlichtweg nicht mehr selbst stemmen, etwa weil ihnen die passenden Fachkräfte fehlen. Hinzu kommen der Druck durch steigende Energie- und Rohstoffpreise – denken Sie nur an den Kakao-Preis – sowie die gestiegene Bedeutung der Maschinenverfügbarkeit. Produktionsverluste können heute schnell sehr teuer werden.

Welche Auswirkungen hat das konkret auf Ihre Serviceeinsätze?

Früher hatten wir mitunter drei Wochen Zeit für eine Wartung, heute sind es oft nur noch wenige Tage – und diese Zeitfenster sind fix. Unsere Kunden legen ihre Produktionsslots teils ein Jahr im Voraus fest, oft bleibt uns dann nur ein einziger Shutdown pro Jahr. Das verändert alles: unsere Planung, unsere Ressourcenallokation und die Art, wie wir unsere Einsätze vorbereiten.

Wie reagieren Sie auf diese knappen Zeitfenster?

Wir setzen auf maximale Vorbereitung und Effizienz. Dazu gehören zum Beispiel vorgefertigte Ersatzteilkits, die wir direkt einsatzbereit liefern. So minimieren wir die Zeit vor Ort. Parallel bauen wir unsere digitalen Services stark aus. Das Kundenportal 4YOUconnect ist dafür das zentrale Werkzeug. Dort stellen wir seit Kurzem alle relevanten Maschinenunterlagen digital zur Verfügung – vom Stromlaufplan bis zur Stückliste. Diese lässt sich als 3D-Modell anzeigen, um Bauteile schneller zu identifizieren und direkt im Webshop zu bestellen. Denn klar ist: Eine Maschine, die steht, erzeugt Emotionen – und das ist mehr als ein technisches Problem. Wir setzen daher alles daran, Stillstände weitestgehend zu reduzieren. Anstatt nur auf Störungen zu reagieren, arbeiten wir daran, diesen durch vorausschauende, datenbasierte Prozesse gezielt vorzubeugen, beispielsweise durch die Weiterentwicklung unserer Maschinen-Monitoringlösung CARE.

In welchem Stadium befindet sich die Digitalisierung derzeit?

Rund ein Viertel unserer Kunden nutzt das Portal bereits – mit deutlich steigender Tendenz. Der nächste große Schritt ist ein gemeinsamer digitaler Wartungskalender, der den Weg zu einem digitalen Scheckheft mit lückenloser Servicehistorie ebnen soll. Schließlich spielt Transparenz für uns im Service eine genauso große Rolle wie die Vernetzung mit unseren Kunden. In diesem Sinne entwickeln wir zudem geführte Wartungsroutinen, die Bediener und Instandhalter Schritt für Schritt durch den Wartungsprozess führen sollen – ein direkter Beitrag zur Überwindung des Fachkräftemangels.

Stichwort Fachkräftemangel – gibt es da bestimmte Herausforderungen in der Branche, die Sie besonders kritisch sehen?

Die Rolle des Servicetechnikers wandelt sich gerade enorm. Versierte Techniker, die früher 200 Tage im Jahr unterwegs waren, sind heute kaum noch zu finden. Wenn doch, bleiben sie meist nur kurz. Reisen ist unattraktiv geworden, die Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung. Deshalb denken wir über hybride Modelle nach – die neben dem Einsatz in der Montage auch temporäre Hotline-Betreuung oder individuell planbare Reisephasen ermöglichen.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz bei der Bewältigung dieser Herausforderungen?

Eine große, wobei sich aus meiner Sicht Technologie stets daran messen lassen muss, welchen Nutzen sie tatsächlich bringt. KI-Implementierungen bilden da keine Ausnahme. Großes Potential sehe ich etwa im Bereich Wissensmanagement an der Schnittstelle zwischen Schulung und Anwendung im realen Fehlerfall. Ein junger Servicetechniker könnte beispielsweise mithilfe der KI Schritt für Schritt durch die Entstörung einer komplexen Maschine geleitet werden, obwohl er noch weit weg ist von der hohen Expertise eines Senior-Kollegen. Auch beim Maschinen-Monitoring gilt es die Entwicklung voranzutreiben.

Gibt es darüber hinaus weitere Anwendungsmöglichkeiten für KI-gestütztes Datenmanagement?

Bereits heute können wir unseren Kunden anhand gesammelter Maschinendaten aus unserer aktualisierten Monitoringlösung CARE zeigen, ob etwaige Produktionsverluste auf die Maschine selbst oder bestimmte Vorprozesse zurückgehen. Perspektivisch wollen wir diesen Mehrwert an Information direkt in Form von konkreten Handlungsempfehlungen in unsere Berichte integrieren. Auch hier kann KI unterstützen, etwa bei der Berichtserstellung. Der Mensch muss jedoch bleiben, um mit seiner Erfahrung gut begründete Schlüsse aus den Informationen zu ziehen. Aus den Monitoringdaten ließen sich auch Benchmarks für Unternehmen ableiten, die an unterschiedlichen Standorten das gleiche Produkt verarbeiten und eine maschinenübergreifende Leistungsbeurteilung benötigen.

Wie berücksichtigen Sie Nachhaltigkeit im Service?

Ein Beispiel ist die digitale Lernplattform „Schubert Learning Space“, die Bedienern zeit- und ortsunabhängige Maschinenschulungen ermöglicht. Damit entfallen Reisen – was nicht nur effizient, sondern mit Blick auf eingesparte Energie und Treibhausgase auch nachhaltiger ist. Gleichzeitig reduzieren wir durch transparenteres Monitoring Produktverluste – sei es durch Erkennen abweichender Muster, die zu mehr Ausschuss führen oder Faktoren, die zu Produktionsstopps führen könnten. Und mit Blick auf künftige EU-Vorgaben wie die PPWR unterstützt Schubert seine Kunden dabei, ihre Verpackungen beispielsweise von Kunststoff auf Karton umzustellen. Dazu beraten Experten aus dem Packaging Competence Center von Schubert sie hinsichtlich Verpackungsdesigns und Maschinenumbauten – stets in engem Austausch mit unseren Service-Kollegen.

Was bedeutet das alles für den klassischen Maschinenlebenszyklus?

Wir versprechen unseren Kunden, dass sie ihre Maschinen mindestens 20 Jahre lang nutzen können – auch das gehört zu einem nachhaltigen Service dazu. Das verlangt eine strategisch geplante Customer Journey mit passenden Servicebausteinen für alle Phasen der Nutzung. In frühen Jahren stehen Wartungskonzepte, Produktionsoptimierung und Formatberatung im Vordergrund, später geht es um Themen wie Komponentenverfügbarkeit, Modernisierung oder Umrüstung. All das ermöglichen wir mit unserem umfassenden Portfolio, damit Maschinen jederzeit zuverlässig und wirtschaftlich laufen.

Wohin geht die Reise – was steht bis zur interpack 2026 noch an?

Bis zur interpack wollen wir unser digitales Angebot weiter komplettieren. Neben dem Wartungskalender und dem Scheckheft planen wir ein digitales Ticketsystem im Portal. Dann können Kunden rund um die Uhr Serviceanfragen stellen – ganz ohne Anruf, Sprachbarriere oder Wartezeit. Transparenz über den Bearbeitungsstatus inklusive. Langfristig entsteht so ein durchgängiger, digital unterstützter End-to-End-Prozess im Service – effizient, nachhaltig und kundenfreundlich.

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